Veranstaltung: "Verschwunden aber nicht vergessen"
Das Risiko für Migrant_innen und Menschen auf der Flucht, Opfer von gewaltsamen Verschindenlassen zu werden, hat sich in den letzten Jahren deutlich vergrößert. Vor diesem Hintergrund hat der UN-Ausschuss gegen das Verschwindenlassen sich intensiv mit diesem Thema beschäftigt und im September 2023 einen Rechtskommentar hierzu verabschiedet.
Für Refugio Stuttgart e.V. war dies der Anlass, Barbara Lochbihler nach Stuttgart einzuladen. Sie ist seit 2019 Mitglied im UN-Ausschuss gegen das Verschwindenlassen. Zuvor war sie zehn Jahre lang Generalsekretärin von Amnesty International Deutschland und von 2011 bis 2019 Mitglied im Europäischen Parlament.
Bei der mit 19 Personen gut besuchten Veranstaltung im Rahmen der „30 Tage im November. Von Wert der Menschenrechte“ berichtete Frau Lochbihler über die Arbeit des Ausschusses, der für die Überwachung des Internationalen Abkommens gegen das Verschwindenlassen zuständig ist. So hat der Ausschuss sich Anfang 2023 mit der Umsetzung des Abkommens in Deutschland beschäftigt. Im Jahr davor war Frau Lochbihler mit einer Delegation des Ausschusses im Irak. Der Irak ist neben Mexiko das Land, aus dem am meisten Fälle von gewaltsamem Verschwindenlassen bekannt sind, unter anderem im Kontext des Völkermords an den Jesid_innen. In Einzelfällen kann der Ausschuss aktiv werden, indem er den jeweiligen Staat auffordert, die vermisste Person aufzufinden. Dies gilt jedoch nur für Fälle, in denen ein aktives Verschwindenlassen durch staatliche oder nichtstaatliche Akteure angenommen werden muss. Zudem muss der angesprochene Staat das Abkommen ratifiziert, also in nationales Recht überführt haben.
Im Kontext von Flucht und Migration besteht eine besondere Gefahr, Opfer von gewaltsamem Verschwindenlassen zu werden. Das liegt daran, dass der rechtliche Status insbesondere in Transitstaaten oft prekär ist. Zudem kommt es an den Aussengrenzen regelmäßig zu sogenannten Pushbacks zurück über die Grenze oder auf das Meer. Der Rechtskommentar kommt hier zu der eindeutigen Antwort, dass dies rechtswidrig sind. Er beschreibt zudem die Rechte von Verschwundenen in Bezug auf Wiedergutmachung und die Rechte von Angehörigen auf Auskunft und Unterstützung bei der Suche nach Verschwundenen.
Im Gespräch zwischen Frau Lochbihler und den Anwesenden wurde zudem auf die schwierige psychosoziale Lage von Geflüchteten eingegangen, die auf der Flucht Angehörige verloren und bis heute keine Kenntnis davon haben, ob diese Opfer eines Verbrechens geworden sind. Die Vielschichtigkeit der Thematik und die intensive Beschäftigung von Frau Lochbihler und des Ausschusses mit diesen Fragen hat alle Beteiligten sehr beeindruckt.
Fonds
Ad-hoc Fonds
Aktionszeitraum
29. November 2023
Orte
Stuttgart-Bad Cannstatt
Initiator_innen
Zielgruppen
Alle Menschen
Themenfelder
- Migration, Flucht und Asyl
Typ der Einzelmaßnahme
- Informationsveranstaltung